Zutiefst europäisch

Mit dem Begriff „Europa“ verbinden viele Menschen vor allem eine Staatengemeinschaft, die historisch, politisch und kulturell eng verbunden ist. Für das Haus Sachsen-Coburg und Gotha bedeutet Europa darüber hinaus erlebte Familiengeschichte: Über die „Großeltern Europas“, Queen Victoria (1819 – 1901) und ihren Prinzgemahl, Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819 – 1861), ist die Herzogfamilie eng mit den europäischen Königshäusern verwandt – sowohl mit regierenden als auch mit nicht mehr regierenden.

Gemälde Queen Victoria mit Kindern (Foto: Herzogliche Familienstiftung)

Aus der Ehe von Queen Victoria und Prinz Albert gingen neun Kinder, 39 Enkel und 88 Urenkel hervor, die familiäre Verbindungen in ganz Europa knüpften. Einer ihrer Enkel kehrte schließlich nach Coburg zurück: Der 1884 in England geborene Leopold Charles Edward George Albert wurde unter dem Namen Carl Eduard von 1905 bis 1918 der letzte regierende Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha. So ist Prinz Andreas, Chef des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha, ein Ur-Ur-Ur-Enkel von Queen Victoria, genauso wie Queen Elisabeth II von England und ihr Gatte, Prinz Philipp.

Auch der Deutsche Kaiser Wilhelm II. war ein Enkel der „Großeltern Europas“: Wilhelms Mutter, Prinzessin Victoria von Großbritannien und Irland (1840 – 1901), war die älteste Tochter von Queen Victoria und Prinz Albert und als Gattin Friedrichs III. für kurze Zeit Königin von Preußen und Deutsche Kaiserin.

Enge Verbindungen bestehen historisch und aktuell zum schwedischen Königshaus: Prinzessin Sibylla von Sachsen-Coburg und Gotha, Tochter des letzten regierenden Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha Carl Eduard und seiner Frau Viktoria Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, verlobte sich im Juni 1932 auf Schloss Callenberg mit dem schwedischen Erbprinzen Gustav Adolf; die Hochzeit fand im Oktober 1932 auf der Veste Coburg statt. Der 1946 geborene Sohn des Paares, ein Cousin von Prinz Andreas von Sachsen-Coburg und Gotha, wurde 1973 als Carl XVI. Gustav zum König von Schweden gekrönt. Die schwedische Prinzessin Madeleine (*1982) ist Patentochter von Prinz Andreas, und Kronprinzessin Victoria von Schweden wurde 2014 Patentante der ältesten Tochter von Erbprinz Hubertus von Sachsen-Coburg und Gotha und Erbprinzessin Kelly. Und noch ein Blick in die Geschichte: Sybillas Vater und Gustaf Adolfs Mutter waren beide Enkel von Queen Victoria und Prinz Albert.

„Schon meine Vorfahren erkannten in einem geeinten, verbundenen Europa die Chance, den Frieden in Europa zu wahren und für nachfolgende Generationen zu sichern. So sehe auch ich heute das europäische Projekt als wichtigste Grundlage für Freiheit und Frieden.“

(Prinz Hubertus von Sachsen-Coburg und Gotha)

Auch die Wurzeln der aktuellen und ehemaligen Königshäuser in Belgien, Portugal und Bulgarien sind in Coburg zu finden, und zwar beim Kronprinzenpaar Franz Friedrich Anton und Auguste von Sachsen-Coburg-Saalfeld (reg. 1800 – 1806), deren einziger Reichtum aus einer siebenköpfigen Kinderschar bestand. Leopold, ihr jüngster Sohn (1790 – 1865), wurde 1831 zum Ersten König der Belgier gewählt. Seine Nachkommen stehen heute in engem Kontakt mit Coburg: König Philippe von Belgien wurde 2015 Patenonkel des Sohnes von Erbprinz Hubertus und Erbprinzessin Kelly. Franz und Augustes Sohn Ferdinand (1785 – 1851) heiratete 1816 die Ungarin Marie Antoinette Kohary und begründete die in Österreich ansässige katholische Linie der Familie, Sachsen-Coburg-Kohary. Der erste Sohn dieses Paares, ebenfalls Ferdinand (1816 – 1885) genannt, heiratete Maria II. da Gloria, Königin von Portugal, und begründete das Königshaus Sachsen-Coburg-Braganza; einer der Enkel des österreichischen Paares, ein weiterer Ferdinand (1861 – 1948), wurde im Jahr 1887 zuerst Fürst und 1908 dann Zar von Bulgarien. Dessen Enkel wiederum, Zar Simeon II. Sakskoburggotski, ging 1946 ins langjährige Exil, kehrte mit der Wende zurück und war von 2001 – 2005 Ministerpräsident von Bulgarien.

Prinz Hubertus und Prinzessin Kelly (Foto: Herzogliche Familienstiftung)

Die „Molsdorfer Gemälde“ im Schloss Callenberg

Zurück zu Franz Friedrich Anton und Auguste: Ihre Tochter Victoire (1786 – 1861) wurde früh Witwe und heiratete 1818 in zweiter Ehe Herzog Edward von Kent; die gemeinsame Tochter Victoria (1819 – 1901) bestieg 1837 mit 18 Jahren den Thron als Victoria Königin von Großbritannien und Irland, seit 1877 auch als Kaiserin von Indien; ihre Regentschaft dauerte 63 Jahre.

Der erstgeborene Sohn von Franz Friedrich Anton und Auguste, Ernst (1784 – 1844), folgte seinem Vater als Herzog Ernst III. von Sachsen-Coburg-Saalfeld. 1826 tauschte er sein Saalfelder Territorium gegen das Herzogtum Gotha und wurde damit Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha – seither der Familienname des Herzoghauses. Sein erstgeborener Sohn folgte ihm als Ernst II von Sachsen-Coburg und Gotha. Sein zweitgeborener Sohn Albert heiratete 1840 seine englische Cousine, Queen Victoria von Großbritannien, und begründete das britische Königshaus Saxe-Coburg and Gotha. Allerdings wurde der Name des Herrscherhauses im Jahr 1917 als Konsequenz des britisch-deutschen Konflikts im 1. Weltkrieg geändert und lautet seither „Windsor“.

Schon vor ihrer Ehe hatten Queen Victoria und Prinz Albert viele Gemeinsamkeiten: Beide wurde im Jahr 1819 geboren – Victoria am 24. Mai in London, Albert am 26. August auf Schloss Rosenau bei Coburg. Beide wurden von der gleichen Hebamme entbunden, Charlotte von Siebold. Und sie hatten einen gemeinsamen Großvater, Franz Friedrich Anton von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1750 – 1806), von 1800 – 1806 Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Entsprechend waren die beiden Cousin und Cousine.